62,1 Milliarden Euro von Österreichs Haushalten fließen in Handel
eCommerce wird immer wichtiger
Beim Einkaufen geben die ÖsterreicherInnen am meisten für Lebensmittel und Bekleidung aus, Onlineshopping gewinnt immer mehr an Bedeutung – das zeigt die Jahresbilanz des Handels von 2018, die heute, Dienstag, vom Handelsverband und Branchenradar.com Marktanalyse präsentiert wurde. Demnach wurde 2018 insgesamt 23,4 Milliarden Euro für Lebensmittel ausgegeben, das entspricht einem Wachstum von 2,9 Prozent. Ebenfalls Zuwächse von 2,2 Prozent gab es aufgrund des Onlinehandels im Modesektor, in den 9,3 Milliarden Euro geflossen sind. Getrieben sind die Ausgabensteigerungen laut Branchenradar.com zu rund zwei Drittel durch die Produktpreise. Außerdem zeigt die Bilanz ein Wachstum im sogenannten Distanzhandel, also bei Bestellungen, von 11,2 Prozent im Vergleich zu 2017. Somit wächst der Distanzhandel acht Mal schneller als der stationäre Handel, bei dem es vermehrt zu Geschäftsschließungen kommt. Diese Ausgaben sind Teil der Gesamtbelastungen österreichischer Haushalte, die sich 2018 in Summe um 2,8 Prozent auf 187,8 Milliarden Euro erhöht haben. Bereinigt man diesen Wert um die Inflation, ergibt sich ein realer Anstieg von 0,8 Prozent an Gesamtausgaben. Davon fließt ein guter Teil in Handelseinkäufe, so Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes:
„Die handelsrelevanten Ausgaben im Detail machen 62,1 Milliarden aus und haben nominell eine Steigerung von 2,2 [Prozent] erfahren. Es ist aber so, dass es zuletzt eine Inflation von zwei Prozent gekommen sind. Damit sind wir im Handel stark auf einer Nulllinie unterwegs und auch sehr stark von der Konjunktur abhängig. Ein Überblick auch über den Gesamthandel, da gibt es folgende drei Wachstumssieger wenn man stationären und Onlinehandel zusammen nimmt: Am stärksten ist der Sportartikelhandel gewachsen, mit Zuwächsen von 5,8 Prozent. Platz Zwei sind Nahrungs- und Genussmittel mit 2,9 Prozent Zuwachs. Das heißt, der Lebensmittelhandel konnte Zuwächse über der Inflation verzeichnen. Und am Podium auf Platz Drei befindet sich Bekleidung und Schuhe, wenn man auch die persönlichen Gebrauchsgegenstände dazu nimmt; da gab es ein Wachstum von 1,9 Prozent. Im Onlinebereich hat am stärksten der Drogeriehandel mit plus 47 Prozent zugelegt, bleibt aber insgesamt auf einem sehr niedrigen Niveau. Insgesamt sieht man, dass im Onlinehandel fast überall zweistellige relative Zuwächse verzeichnet werden, außer dort, wo schon sehr hohe Onlinepenetrationen vorliegen.“
Angesichts der steigenden Beliebtheit von Onlineeinkäufen, wächst auch die Zahl an zugestellten Paketen. 2018 wurden 16,1 Prozent Pakete zugestellt als noch im Jahr zuvor, was auch durch häufiger werdende Teillieferungen sowie Retoursendungen erklärbar ist. Gründe für die steigende Akzeptanz des Onlinehandels sieht Andreas Kreutzer, Geschäftsführer Branchenradar.com Marktanalyse, im schlichtweg größeren Angebot der Onlinehändler und im erleichterten Preisvergleich bei einer Auflistung von Produkten. Ebenfalls eine Rolle spielt die psychologische Wirkung eines Pakets, das von KundInnen als Geschenk an sie selbst aufgefasst werden könnte. Kreutzer nennt die am häufigsten online bestellten Produkte:
„Die Top 10 Onlinequoten 2018 sind Elektronikspielzeug, Videospiele, Spielcomputer – mehr als 50 Prozent wird online gekauft, Erotikartikel ebenfalls. Bild- und Tonträger, also CDs, Musik und Videos, machen 43 Prozent aus, weil dort vor allem das Download- und Streaming-Geschäft sehr gut geht. Bei Büchern haben wir 42 Prozent, bei Lernbehelfen und Skripten sind es 36 Prozent. Computer und EDV machen 35 Prozent aus. Damenbekleidung gehört mit 25,8 Prozent genauso wie Schuhe und Kinderbekleidung zur Hitliste. Das sind die Highlights, dann gibt es aber auch noch die Bottom 10: Wo Online noch keine Rolle spielt, ist bei Reinigungsmitteln und Haushaltspapier, das kaufen wir primär noch stationär. Auch Baustoffe, Zimmerpflanzen und Körperpflegeprodukte wie Zahnpflege, Cremen, Shampoos und solche Sachen, kaufen wir noch im Drogeriemarkt. Die Kosmetik wandert aber schon zunehmend in den Onlinebereich. Das Frischesortiment im Lebensmittelhandel hat eine Onlinequote von 0,6 Prozent, ist also vernachlässigbar. Auch Handfeuerwaffen werden primär noch stationär gekauft, was mich sehr beruhigt.“
Mit dem Wandel hin zu Onlineeinkäufen sieht der Handelsverband weitere Veränderungen verbunden. Etwa prophezeit Rainer Will, dass Omnichannel-Modelle, also die Aufhebung der Trennung von stationärem und Onlinehandel, immer wichtiger werden. Er fordert in Folge die ‚Entdiskriminierung‘ des stationären Handels, den er gegenüber dem Onlinehandel in mehreren Bereichen benachteiligt ansieht. Etwa sollen Lohnnebenkosten im stationären Handel gesenkt werden, um ihn gegenüber globalen Onlineanbietern konkurrenzfähiger zu machen. Außerdem fordert Will staatliche Rahmenbedingungen anzupassen:
„Uns werden in zehn Jahren unsere Kinder fragen, wie wir es nur zulassen konnten, so schlecht zu regulieren. Wir reden von einem Konzern [Amazon, Anmk.], der im letzten Jahr global 230 Milliarden Dollar umgesetzt hat, der einen Nettogewinn von 10 Milliarden realisiert hat und nicht Steuern gezahlt hat, sondern noch 130 Millionen Steuern an Gutschrift zugesprochen bekommen hat. Das ist nicht fair. Deswegen haben wir die Initiative ‚Fair Commerce‘ gestartet und sind Hauptbeschwerdeführer im Marktplatzverfahren der Bundeswettbewerbsbehörde, um einen fairen Marktplatz zu erwirken. Wir sprechen uns dabei für einen ‚new digital deal‘ aus und meinen, dass man digital Schritte setzen muss. Diese sollen nicht nur auf OECD-Ebene oder global passieren, wo einzelne Staaten immer gegen eine Digitalsteuer stimmen werden; sondern einzelne Staaten machen in Maßnahmen vor, wo auch Österreich sich hinbewegen könnte. Das ist einerseits rasch die 22 Euro Freigrenze abzuschaffen, durch die bislang quasi unter der Türschwelle die Pakete aus China durchkommen. Diese machen 7,5 Millionen und damit 200 Millionen Schaden aus. Ab 1.1.2020 ist es ohnehin EU-weit Pflicht, in Schweden beispielsweise hat man das aber schon jetzt binnen 3 Monaten durchgesetzt und die China-Pakete sind von 160.000 pro Tag auf 20.000 gesunken. Die Schweden kaufen noch immer ein, nur eben national. Das ist ein Schritt hin zu Fair Play.“